Fast täglich gibt es Meldungen über rassistische oder antisemitische Übergriffe, über bei Neonazis ausgehobenen Waffenlagern oder darüber, in welchem Umfang die „Schulhof-CD“ verteilt wird und wie gut sie ankommt. Die NPD sitzt mittlerweile in mehreren Landtagen und versucht alle paar Tage ein anderes Gebäude zu kaufen. Für die Landtagswahlen 2008 hat die NPD angekündigt vor allem in der Oberpfalz aktiv zu werden. Eine organisierte Neonaziszene und die dazu gehörigen faschistischen Übergriffe und Schmierereien gehören hier wie anderswo mittlerweile zum Alltag.

Diese Tatsache wird allerdings allzu oft von Polizei, Justiz und Medien heruntergespielt und verharmlost. Stattdessen werden Jugendliche, die sich aktiv dagegen wehren, dass Rechtsradikale Feste und Kneipen unsicher machen und ihr Gedankengut verbreiten können, als die wahren Störenfriede und Aggressoren ausgemacht.

Im Jahr 2005 gingen von 18501 „politisch motivierten Straftaten“ allein 15361 auf das Konto der Rechten. Wobei anzumerken ist, dass viele Straftaten der Rechtsradikalen von den Behörden nicht als solche anerkannt oder von den Opfern nicht angezeigt werden und somit nicht in der Statistik auftauchen. Trotz dieser eindeutigen Zahlen werden allzu oft antifaschistische Jugendliche mit Neonazis gleichgesetzt und deren Aktivitäten delegitimiert und kriminalisiert.

Dass wir uns im Kampf gegen Neonazis keineswegs auf staatliche Institutionen verlassen können, beweisen diese nur allzu oft. Während die genanten Zahlen zeigen, dass die Neonazis weiter auf dem Vormarsch sind, wird antifaschistisches Engagement nicht selten behindert. So wurde ein Versandhändler, der T-Shirts mit durchgestrichenen Hakenkreuzen verkauft, wegen „Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole“ zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Ebenso erging es einem Jugendlichen aus München: Er verteilte Flugblätter mit einem Bild, auf dem Menschen den Hitlergruß zeigen. Obwohl dieses Bild das Cover eines frei käuflichen Buches darstellt und sich sowohl das Buch, als auch das Flugblatt eindeutig gegen Nazis wendet, wurde dieser verurteilt.

Auch sollte nicht der Eindruck entstehen, dass sich rechtes Gedankengut nur bei ausgemachten Neonazis findet: In der deutschen Bevölkerung sind rassistische und antisemitische Einstellungen ebenso weit verbreitet! Stiefelglatzen können ruhigen Gewissens als „Vollstrecker des Volkswillens“ agieren: So glauben laut Umfragen 38% der Deutschen, dass die Bundesrepublik durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet ist. Ein Drittel der Deutschen gibt an, dass auch heute noch der Einfluss der Juden zu hoch ist. Dass der Nationalsozialismus auch seine guten Seiten hatte, glauben 12% und 17% wollen gar einen „Führer, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“.

Besonders wichtig ist uns in diesem Zusammenhang auf die Ursachen von rechtsextremen Denkmustern hinzuweisen. Denn: Damit der Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus keine Sisyphosarbeit bleibt, muss die Notwendigkeit einer emanzipatorischen Umwälzung der bestehenden Verhältnisse betont werden. Oder, um es mit den Worten von Bertolt Brecht zu sagen:

„Es kann in einem Aufruf gegen den Faschismus
keine Aufrichtigkeit liegen, wenn die gesellschaftlichen Zustände,
die ihn mit Naturnotwendigkeit erzeugen,
in ihm nicht angetastet werden.“